Monatsimpuls Juli: Zuhören

Ohr

„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“

Jakobus 1,19

 

Sind Sie ein guter Zuhörer?

Mir ist in den letzten Jahren bewusst geworden, dass ich am Zuhören etwas verbessern sollte. Deshalb habe ich verschiedene Kommunikationsseminare besucht und – wie treffend – ein Hörbuch über das Hören und Zuhören angehört.

„Das Auge führt den Menschen in die Welt,
das Ohr führt die Welt in den Menschen ein.“
Lorenz Oken

Schnell zum Hören

Schnell bedeutet hier ganz und gar nicht, dass wir schnell zuhören sollen und je schneller wir damit fertig sind, desto schneller können wir zum Reden übergehen. Ganz im Gegenteil. Wir müssen uns viel Zeit nehmen zum Hören. Schnell soll unsere Bereitschaft dazu sein. Gesprächsbereitschaft beginnt beim Hören.

Aber sicher kennen auch Sie wie ich viele Begegnungen, in denen das Hören nicht wirklich gelungen ist. Es ist zwar „jeder Mensch“ dazu aufgerufen, also auch unsere Gesprächspartner, und die können es oft auch nicht gut. Jeder hat sicher schon am eigenen Leib gespürt, wie es ist, wenn man nicht gehört wird. Das sollte uns anspornen, bei uns selbst anzufangen, es besser zu machen.

Oft ertappe ich mich selbst dabei, dass ich nicht aufmerksam hinhöre, weil ich meine schon zu wissen, was mein Gegenüber sagen will, und weil ich mich schon damit beschäftige, was ICH sagen, also reden, will. Das nicht (oder nicht genau) Hinhören kann dann die fatale Folge habe, dass mir wichtige Informationen oder auch Zwischentöne entgehen, dass ich Wichtiges überhöre oder das, was mein Gegenüber sagt, falsch auffasse.

Hören ist nicht gleich Verstehen

Dadurch erfasse ich das, was ich mit meinen Ohren höre, eventuell nicht richtig. Es kann ja sein, dass ich etwas mit dem „falschen“ Ohr höre. Schließlich habe ich nach dem Modell von Schulz von Thun vier Ohren: Ich höre erstens die sachliche Nachricht, zweitens das, was der andere von sich selbst offenbart, drittens das, was er von mir will, und viertens höre ich es je nachdem unterschiedlich, in welcher Beziehung das Gegenüber zu mir steht.

Um etwas so zu verstehen, wie der andere es meint, sollte ich im Zweifel nachfragen. Oder wiederholen, was ich gehört habe – damit sollte mein Reden beginnen. Das kann Missverständnisse und Unklarheiten beseitigen. Nicht selten ist es dem Gegenüber selbst nicht ganz klar, was er eigentlich sagen will, oder ihm gelingt die Aussage nicht richtig. Dann kann er durch mein AKTIVES Zuhören selbst Klarheit bekommen.

Momo aus der „Unendlichen Geschichte“ hatte so eine besondere Art des Zuhörens, dass ratlose oder unentschlossene Menschen auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Und wenn sich jemand bedeutungslos und unwichtig fühlte, dann spürte er, wenn er es Momo erzählte, auf einmal, dass sich sein Gefühl veränderte. Ihm wurde klar, dass er unter all den Millionen Menschen einzigartig und wichtig war. Er fühlte sich von Momo verstanden, weil sie sich unendlich viel Zeit für ihn nahm.

Hören zeigt Respekt! Bin ich langsam im Reden, bleibt mehr Zeit für´s Zuhören. Finde ich die Ruhe zum ausgiebigen Zuhören, fühlt sich mein Gesprächspartner wertgeschätzt und geachtet. Ich zeige ihm, wie wertvoll er mir ist, indem ich mir Zeit nehme für ihn.

 

Langsam zum Reden

SchildNach dem aufmerksamen Zuhören kann ich reagieren und etwas darauf sagen. Langsam bedeutet für mich, dass ich das Gehörte erst einmal wirken lasse – eben zum einen durch das aktive Zuhören. Zum anderen denke ich hier an ein lustiges Schild, das im Büro meines Vaters hing: Vor Inbetriebnahme des Mundes Hirn einschalten!

Unsere Antwort muss wohlüberlegt sein. Ein Wort, einmal ausgesprochen, kann nicht wieder zurück genommen werden. Unüberlegte Worte können verletzen. Da hilft dann auch ein „das habe ich doch gar nicht so gemeint“ mehr. Vor allem kann das passieren, wenn wir unbedacht flotte oder gar ironische Sprüche loslassen. Wenn ich witzig sein will, muss das Umfeld passen. Dazu muss ich mich erst in den anderen einfühlen. Wie könnte er meine Worte auffassen?

Langsam zum Zorn

Wie schnell kommt es zu hitzigen Streitgesprächen, wo sich jeder aufgewühlt oder gar zornig fühlt. Dann überschlägt sich alles, ein Wort gibt das andere – und schon haben wir ein Drama. Das könnte ich vermeiden, indem ich „Langsamkeit“ in das Gespräch bekomme – erstmal durchatmen und dem anderen die Chance geben, auch zu Wort zu kommen – dann fühlt er sich nicht unterlegen. Wie oft habe ich mich schon über jemanden geärgert, obwohl sich im Nachhinein oder durch Rückfragen herausstellte, dass ich ihn nur falsch verstanden hatte? Klar könnte ich mich dann doch noch drüber ärgern, dass er sich doch bitte verständlicher hätte ausdrücken können. Wie dem auch sei: Der Ratschlag des Jakobus ist eine gute Anleitung, wie wir in unserer schnelllebigen Zeit gut und in Ruhe miteinander kommunizieren können.

Kommunizieren

Nach innen hören

Aber der biblische Ratschlag hat auch noch einen anderen Aspekt: Schnell zum Hören sollten wir nicht nur in der Kommunikation mit anderen Menschen sein, sondern wir sollten auch auf Gott hören. Und zwar nicht mit den Ohren, sondern mit dem Herzen. Mit Gott zu kommunizieren bedeutet nicht, dass ich ihn mit meinen Problemen und Fragen vollquassele, sondern dass ich auch mal wirklich reinhöre, was er mir zu sagen hat. Das will geübt sein. Stellen Sie sich vielleicht vor, dass da jemand ist an der anderen Leitung vom Telefon – der auch mal gerne etwas sagen möchte.

  • Wie viel Zeit nehme ich mir zum Hören?
  • Bin ich vielleicht zu schnell beschäftigt mit anderen Dingen?
  • Wollen Sie sich heute vielleicht mal ganz bewusst Zeit nehmen, um auf Gottes Wort zu hören?
  • „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ (Markus 4, 9)
 
Jutta Liess